Geschwindigkeit nach CO2-Ausstoß – ein Gedankenspiel?

Lasst uns die Autos so schnell fahren lassen, wie sie (halbwegs) verträglich CO2 ausstoßen. Daraus folgt eine typbezogene Höchstgeschwindigkeit. Ich plädiere dafür.

“Die Lösung gegen die Klimakrise ist so einfach, dass sogar ein kleines Kind sie versteht: Wir müssen die Emissionen der Treibhausgase beenden. Entweder tun wir das, oder wir tun es nicht. (…)
Es gibt heute keine größere Herausforderung als die umfassende und öffentliche Erkenntnis, dass unser noch zugelassenes CO2-Budget rapide abnimmt. Das sollte, das muss unsere neue globale Währung werden, das Herzstück unserer Wirtschaft ab sofort.

Diese eindringlichen Worte richtete Greta Thunberg im Januar 2019 an die führenden Entscheider der Welt in Davos.

Ich greife einen Gedanken daraus und verbinde ihn mit der deutschesten aller Diskussionen: sollte es auf deutschen Autobahnen eine Höchstgeschwindigkeit geben?

Kürzlich wurde dieses regierungsnah gefordert, was ein sofortiges Veto des CSU-Verkehrsministers Scheuer auslöste – flankiert von (gefühlt) allen deutschen Männern, den “freien Bürgern”, deren “freie Fahrt” offenbar Verfassungsrang als Menschenrecht hat, noch vor einigen anderen Grundrechten.

Kurze Antwort von mir: ja, es sollte eine Höchstgeschwindigkeit geben. Aber nicht bei 120km/h, 130km/h oder 160km/h. Sondern auf anderer Basis: dem CO2-Ausstoß.

Der CO2-Ausstoß (in notwendiger und zulässiger Vereinfachung) hängt vom Kraftstoffverbrauch ab. 1 Liter Benzin verbrennt zu 2,33 Kilogramm CO2, 1 Liter Diesel verbrennt zu 2,64 Kilogramm CO2, 1 Liter Autogas verbrennt zu 1,64 Kilogramm CO2 und 1 Kilogramm Erdgas verbrennt zu 2,79 Kilogramm CO2.
(https://www.umweltpakt.bayern.de/energie_klima/fachwissen/217/berechnung-co2-emissionen)
Ich nehme jetzt eine (zugegeben willkürliche, wissenschaftlich richtig zu findende) Zahl und setze einmal an (Arbeitshypothese): 
Der vom Gesetzgeber für (Autobahn-)Fahrzeuge zugelassene CO2-Ausstoß beträgt 120g CO2/km
Heißt für den Benziner eine Obergrenze von 5,15 Litern/100 km, für den Diesel 4,54 Liter/100km, für den Autogaser 7,31 Liter/100km, und für den Erdgaser 4,3 Liter/100km. 

Das wird zur Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit: so schnell, wie das Auto fahren kann, ohne mehr CO2 zu emittieren, also ohne mehr Kraftstoff verbrauchen.

Ein echtes Technikkunstwerk mag dann 200 km/h fahren dürfen, ein Durchschnittswagen wird grob bei 130 km/h reisen – und die meisten SUVs und anderen Spritschlicker bremst das auf muntere 80 km/h ab – denn diese Geschwindigkeit wird allen zugestanden, auch wenn der Rechenweg ggf. noch langsamere Fahrt ergäbe.

Über entsprechende Typentabellen (die es für Versicherungen ebenso bereits gibt wie kennzeichenbezogen beim KBA) lassen sich ohne weiteres für jeden Wagen und jede Zulassung ermitteln, wie schnell gefahren werden darf. Die Mautbrücken und moderne Verkehrsüberwachungssysteme können das beobachten – der Datenschutz ist angesichts der Wichtigkeit des Klimathemas hinnehmbar einzugrenzen.

Und wenn dann ein Fahrzeug auf einer (ansonsten nicht beschränkten) Autobahnstrecke schneller als vom Typ erlaubt festgestellt wird, gibt es Post. Übrigens: sehr teure Post dann. Ich denke an eine CO2-Strafabgabe, z.B. 10 € für jedes (ausgerechnete) Gramm CO2/100km, die sich aus der Überschreitung berechnen lassen. Ab 200 € Strafe werden zudem Punkte fällig. 

Die Parameter bedürfen der Prüfung und ggf. Feinjustierung. Aber das System berücksichtigt die richtige Sichtweise auf erlaubtes Ausleben des Geschwindigkeitsrauschs: Dann dürfen “freie Bürger” weiterhin “frei fahren”, wenn sie entsprechend CO2-sparende Autos bewegen – und wer Spritschlucker fahren will, muss langsamer reisen.

Oder die jederzeit faszinierende Nordschleife besuchen.

Bild von John Howard auf Pixabay