Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Und weiter in Abs. 3 Satz 1: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes (…) benachteiligt oder bevorzugt werden.“
Das klappt in Deutschland einigermaßen, auch wenn sicherlich Luft nach oben ist. Denn: Das Privileg männlicher Vorherrschaft der letzten Jahrhunderte sitzt derart tief in unseren Köpfen, dass wir oft nicht merken, wenn wir ihm nachgeben. Das gilt insbesondere für: uns Männer.
Die Vereinten Nationen haben daher seit 2014 eine Initiative: #HeForShe. Männer, die sich für Gleichberechtigung der Frauen einsetzen. Aktiv.
Ich bin seit Beginn Teil der Kampagne. Weil sie nötig ist.
Sprache schafft Realitäten. Wenn wir männlich sprechen, denken wir männlich – egal, wie sehr wir glauben, dies nicht zu tun.
Ein Beispiel:
Ein Vater fährt mit seinem Sohn im Auto. Sie haben einen schweren Unfall. bei dem der Vater sofort verstirbt. Der Sohn wird mit schweren Kopfverletzungen in eine Spezialklinik eingeflogen. Die Operation wird vorbereitet, alles ist fertig. Der Chef-Chirurg erscheint, und bereitet sich vor.
Dann wir der Chef-Chirurg plötzlich blass und sagt: „Ich kann nicht operieren, das ist mein Sohn!„.
Richtig. Das „generische Maskulinum“ hier soll vorgeblich Männer und Frauen umfassen – aber mal ehrlich: wer hat beim Lesen vor seinem inneren Auge eine Chirurgin gehabt? Eben.
Daher möchte ich versuchen, mich bewusst geschlechtsneutral auszudrücken, wo immer es geht.
Manchmal kann man aus der Handlung (dem Verb) eine Formulierung ableiten, die allgemeingültig ist: klassisch ist „Studierende“ – aber auch das funktioniert allenfalls im Plural.
Ihr merkt, wohin der Text geht: ich werde innerhalb der Substantive gendern. Ich werde mich so ausdrücken, dass beide Geschlechter gemeint sind – und das auch zeigen. Hierfür gibt es verschiedene Modelle – Sternchen, BinnenMajuskel (-I…), oder Doppelpunkt. Es hat sich bisher nichts durchgesetzt, und es ist auch keine Tendenz eindeutig erkennbar.
Ich werde vorerst den Gender.Doppelpunkt nehmen: Leser:innen. Blogger:innen. Politiker:innen.
Mein Auswahlgrund: Barrierearmut. Für Sehbehinderte, die sich das Internet durch den Automaten (Screen-Reader) vorlesen lassen. Denn der macht einfach bei Doppelpunkten eine etwas längere Pause, was sich im (Vor-)Lesefluss gut macht und am Wenigsten stört.
Ich habe das nicht selbst gefunden:
Lucia Clara Rocktäschel aus Berlin sieht das ebenfalls aus überzeugenden Gründen so (ausführlich mit Beispielen und Kurs).
Allerdings: Der Deutsche Blinden- und Sehbehinderten-Verband e.V. ist nicht dieser Meinung, hat aber (leider) keine Idee, wie es besser gehen soll (was ich stets nicht klug finde: wenn man eine Zwischenlösung verwirft, ohne eine bessere Idee zu haben).
Ich erlaube mir daher, den Verband vorerst nicht als Maßstab anzunehmen.
Ich bin gespannt, wie die Nummer weitergeht, und was sich langfristig durchsetzen mag. Ich für meinen Teil gendere – soweit ich daran denke – ab sofort mit Doppelpunkt.
Für alle Leser:innen dieses Blogs.
#HeForShe!
Ergänzung (29.01.21):
Bei „Sinti und Roma“ funktionieren die deutschen Gender-Systeme nicht, weil die Endungen andere sind. Hier steht, warum es dort „Sinti:zze und Rom:nja“ heißt.
(.he)
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