… sondern frage, was Du für den Staat tun kannst.

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Mein Plädoyer für eine neue »Staatsdienstzeit«.

Von 1956 an bestand in der Bundesrepublik Deutschland für männliche Bürger eine Wehrpflicht, die aus Gewissengründen mit einem Ersatzdienst abgeleistet werden konnte, meistens in sozialen Tätigkeiten. Seit 2011 ist die Wehrpflicht ausgesetzt – und der Ersatzdienst ebenso. Es gibt keine Pflicht mehr – nur noch Freiwillige.

Ich habe das schon vor zehn Jahren bedauert. Nicht wegen des Wegfalls der »Männerkameradschaft«, auch wenn es sicherlich spannend gewesen wäre zu erleben, wie der heute hohe Frauenanteil in der Truppe mit Wehrpflichtigen klargekommen wäre (feministisch-emanzipatorisch eine verlorene Chance).

Ich bin vor allem der festen Überzeugung, dass unser Pflegesystem von den Ersatzdienstleistern sehr profitiert hat – und unsere Gesellschaft von den Männern »danach« auch. Ein solches Jahr prägt einfach, und wenn es für Jeden verpflichtend ist, ist es auch nicht ungerecht, jedem Bürger ein Jahr »zu stehlen«.

Und auch den Bürgerinnen: die männliche Wehrpflicht hatte ihre grundgesetzliche Ungerechtigkeit nur deshalb durchhalten können, weil »Frauen Kinder kriegen«, also irgendwann in ihrem Leben ebenfalls Zeit abgeben, und sich damit zwischen den Geschlechtern die Investition »aufs Leben gerechnet« nivelliert. Ja ich weiß: das klingt heute archaisch, und ist es auch.

„… ask not what your country can do for you — ask what you can do for your country.“

John F. Kennedy


Seit einigen Jahren grübele ich an einer Idee, die ich hier in ihrer aktuellen Version zur Diskussion stellen möchte:

  1. Alle Bürger:innen (w/m/d) werden zu Ableistung von »Staatsdienstzeiten« verpflichtet. Die Pflicht beginnt mit der Volljährigkeit und kann (v.a. aus schulischen Gründen) einmalig auf den 19., den 20. oder spätestens den 21. Geburtstag geschoben werden. Sie endet mit dem Erreichen des Rentenalters oder nach Abgeltung des 10. Dienstes.
  2. Die erste »Staatsdienstzeit« besteht aus einer Grundeinweisung in das Pflichtenprogramm (inkl. einer Staatsbürgerkundeschulung als Nebeneffekt der Idee). Diese Grundeinweisung dauert 3 Monate.
  3. Die eigentlichen »Staatsdienstzeiten« betragen generell 3 Monate. Sie sind am Stück abzuleisten.
  4. Alle 5 Jahre – jeweils beginnend am 1. des Monats nach dem jeweiligen Geburtstag – ist eine »Staatsdienstzeit« abzuleisten.
  5. Es gibt zeitlich die Ausnahmeregelung, auf die jederzeit Anspruch besteht, dass jede »Staatsdienstzeit« aussetzen und mit der nächsten »Staatsdienstzeit« gemeinsam abgelten kann. Diese dauert dann ein halbes Jahr (6 Monate). Es wird also ermöglicht, nur alle 10 Jahre »Staatsdienstzeit« abzuleisten, dafür dann aber die doppelte Dauer. Ein weiteres Ansparen ist nicht gestattet.
  6. Die »Staatsdienstzeit« besteht in einer sozialen, einer ökologischen, oder einer staatlich-militärischen Tätigkeit, so wie heute bei Bundesfreiwilligenzeiten oder Freiwilligen Sozialen/Ökologischen Jahren. Oder eben beim Bund.
  7. Ein Wechsel der Tätigkeiten ist möglich. Man kann sich also variabel ausprobieren bzw. unterschiedlichen Zielen seine Zeit und Dienstleistung zukommen lassen. Erfahrungen im jeweiligen Dienst werden gerne berücksichtigt, sind aber nicht erforderlich.
  8. Während der »Staatsdienstzeit« ist – ähnlich der Regelungen zu Erziehungszeiten oder Reserveübungen – der Beruf »ruhend«. Es gibt einen Anspruch und eine Pflicht; Ausnahmen sind gesetzlich festgelegt und äußerst restriktiv angelegt.
  9. Die Vergütung während der »Staatsdienstzeit« kommt vom Staat und beträgt 100% des letzten Einkommens vor der »Staatsdienstzeit«, mindestens aber eine auskömmliche Mindestvergütung (deutlich oberhalb des Mindestlohns), gedeckelt auf eine Obergrenze, die beispielsweise beim Gehalt eines Bundesrichters angesetzt wird. Man weiß ja, wann diese Zeiten anstehen, und kann bei höherem Bedarf Rücklagen bilden.

Meine Idee findet neuerdings (reduziert) einen prominenten Fürsprecher: Richard David Precht plädiert neuerdings für zwei Pflichtjahre: eines direkt nach der Schulzeit, und eines nach dem Renteneintritt.

Ich finde, er ist da nicht mutig genug.

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